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Rechtsanwaltskanzlei Heitmann

Neues rund um mein Büro


Aus aktuellem Anlass wegen der Corona-Krise werden Termine nur auf konkrete Terminsvereinbarung durchgeführt. Da mein Warteraum äußerst klein ist, weise ich darauf hin, dass spontan erscheinende Personen, soweit ansonsten der Mindestabstand nicht eingehalten werden kann, draußen warten müssen.
Für Bestandsmandanten biete ich zudem Telefontermine an.

25.06.2019

Also folgendes findet jetzt vielleicht höchstens jemand mit Rechtskenntnissen witzig... Heute erreicht mich ein Brief des Gerichtes auf eine von mir erhobene Klage. Darin wird mir ein Brief des beklagten Landes Berlin weitergereicht. Das Land Berlin erklärt nämlich, wir hätten uns geeignet und deswegen würden sie jetzt die Klage für erledigt erklären. Schön, wenn die beklagte Partei eine Klage auch erledigt erklären kann. Ob das wohl auch klappt, falls die Vermieterin meinen Lieblingspechvogel wegen Grillens aus der Wohnung kündigt? Hm... *scharfes Nachdenken*... aber schön wäre es gewesen.

20.06.2019

In letzter Zeit hatten ja in mehreren Fällen bei mir einige Krankenkassen Boden gut gemacht in Sachen Vernunft. Nun gibt es aber Sachen, die wahrscheinlich wegen vorgegebener Verfahrensabläufe dann eben doch geschehen, auch wenn vermutlich auch den handelnden Personen deren Sinnlosigkeit klar ist. Klar, wenn jemand Schulden hat, muss man versuchen sie einzutreiben. Auch anscheinend, wenn sie hoch sind. Auch wenn der Schuldner minderjährig ist. Auch wenn es sinnlos ist... Wie auch immer, neulich erreichte mich ein Brief einer Krankenkasse. Diese kündigte freundlich in dem Brief dem 17jährigen Sohn der Geld vom Jobcenter bekommenden Familie an, eine Vollstreckungsperson werde in einer Woche zu ihm nach Hause kommen und wolle dann die geschuldeten 31.998,94 Euro mitnehmen. Er war nicht in die Familienversicherung aufgenommen worden.

14.06.2019

Heute ist mir tatsächlich erstmalig ein Mandant buchstäblich vor die Füße gefallen. Ich durfte meinen Mandanten direkt liegend zu Füßen der Stufen zum Sozialgericht Berlin aufsammeln, wo er mit einem Zettel lag auf dem "I need a lawyer" stand. Nach allerersten Befürchtungen, nun jemand aufgesammelt zu haben, der sehr anstrengend sei, stellte sich der Herr als sehr netter und früher hoch qualifizierter Rentner heraus, der Fan von Manchester City ist. Er hat dann auch noch zwei Stunden auf mich gewartet , während derer ich im Gericht war. Später erzählte er mir dann, er sei aus einer arabischen Region, wo er lebte, nach Amsterdam geflogen, dann zu Fuß von Amsterdam nach Berlin gelaufen, nur um hier seine Rente geltend zu machen. Geld habe er ja nicht mehr gehabt für eine Fahrt. Er ist dann auch nach Neukölln zu meinem Büro gelaufen, da er nicht ohne Ticket fahren wollte. Ich habe dann mal für ihn ein Eilverfahren eingereicht und und es sieht gut aus für ihn.

03.06.2019

In den letzten zwei Wochen sind zwei Sachen zusammengefallen, welche dann vielleicht doch nicht so unzusammenhängend sind, wie man denkt.

Das erste Ereignis war eine Sendung im öffentlichen Fernsehen, welche ich sah. Diese Sendung des MDR berichtete über Armutseinwanderung nach Deutschland, konkret über die Einwanderung von Roma. Man war dort bemüht zu erklären, wie Roma aus Rumänien und Bulgarien "eine Gesetzeslücke ausnutzen" - so die Sendung, indem sie sich Arbeit - häufiger auch geringfügig - suchen in Deutschland, um "den Sozialstaat auszunutzen". Für letzteres interviewte man dann unter anderem einen rumänischen Bürgermeister und das Jobcenter. Man berichtete über überfüllte Wohnungen und daraus folgendem Müll. Der Bericht insgesamt erschien mir derart voreingenommen und ehrlich gesagt diskriminierend, dass ich zum ersten Mal in meinem Leben eine Beschwerde schrieb an den öffentlichen Rundfunk. Allerdings ließ man sich nicht beirren. Man erklärte, es möge zwar sein, dass das Europarecht dazu führe, dass jemand aufstockend beim Jobcenter dann leistungsberechtigt sei. Es hieß: "Der Zuzug mag aus rechtlicher Perspektive konform mit der Gesetzlage erscheinen, widerspricht jedoch der Absicht der Sozialgesetzgebung." Aus meiner Perspektive eine interessante Ansicht über Rechtsstaatlichkeit. Zwar gibt es dann wohl das Europarecht. Oder auch die Grundrechte auf Existenzminimum? Wie auch immer, wenn Politiker das eigentlich nicht umsetzen wollen und die Behörden es nicht ausführen wollen, muss es dann wohl doch eigentlich eine Gesetzeslücke sein... Ok. Meine beste Freundin erklärt mir jetzt gleich wieder, dass Sarkasmus im Journalismus nicht verwendet werden darf. Aber ich bin ja bloß Rechtsanwältin.

Das zweite Ereignis war ein gewonnener Fall. Ich vertrat ein ungefähr einjähriges Kind, welchem die Leistungen eingestellt wurden. Es hatte noch keine Staatsangehörigkeit. Diese war noch unklar. Da ein Elternteil schon sehr lange in Deutschland lebte, ungefähr seit den ersten Klassen der Grundschule, hätte das Kind oder sagen wir das Baby Deutsche sein können. Andernfalls wäre es EU-Bürgerin und Tochter eines arbeitenden EU-Bürgers. Im ersten Fall wäre sie also berechtigt, Geld vom Jobcenter zu bekommen. Im zweiten Fall auch. Leuchtet doch unmittelbar ein, dass - wenn also noch keine Entscheidung zwischen diesen Punkten besteht - man dann doch sicherheitshalber gar kein Geld bekommen sollte... ? Erwähnen könnte man noch, dass die ganze Familie in einer Unterbringung für Obdachlose wohnt. Dort müssen dann übrigens auch einjährige Kinder zahlen. Und wenn diese nicht zahlen können, droht dann die ganze Familie auf die Straße gesetzt zu werden. Zum Glück fand die Richterin das auch seltsam und befand die Aufhebung der Unterkunftskosten und Entziehung der Leistungen als offensichtlich rechtswidrig.

Und dann sind wir beim Zusammenfallen beider Punkte. Die Familie sind Roma. Subtrahieren wir aber mal die Roma und ersetzen sie durch durch ein Paar, wo einer ebenfalls Deutscher ist und der beispielsweise Französin und fragen uns, hätte man da bei noch nicht geklärter Staatsangehörigkeit auch die Obdachlosigkeit der ganzen Familie riskiert? Oder wäre das gar nicht nötig gewesen, da sie eine Wohnung gefunden hätten?